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11.02.2019
Der Richard-Wagner-Verband Leipzig im Orient
Thomas Krakow, Vorsitzender, RWV Leipzig
Nein, wir sind nicht mehr im März 2008, als 435 deutsche und französische Wagnerianer dem Aufruf des damaligen RWVI-Präsidenten Josef Lienhart in die Wüste der Vereinigten Arabischen Emirate gefolgt waren. Die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Fabio Luisi gab damals das erste Wagner-Konzert in einem arabischen Land. Am selben Ort führten jetzt die Bayreuther Festspiele mit Geschäftsführerin und Richards Urenkelin Katharina Wagner zweimal “Die Walküre” konzertant auf. Man hörte von einigen Versuchen, für Mitglieder von Wagner-Verbänden Reisen dafür zu organisieren. Am Ende war es nur der Richard-Wagner-Verband Leipzig mit einer Reisegruppe von 30 Personen, der aus Solidarität mit den Bayreuthern und aus tiefer Verbundenheit zum Hauptinitiator Staatsminister Dr. Zaki al Nusseibeh, von 2014 bis 2018 Stiftungsratsvorsitzender der Richard-Wagner-Stiftung Leipzig, das Abenteuer Abu Dhabi/Dubai tatsächlich wagte – und nicht enttäuscht wurde. Verbandsvorsitzender Thomas Krakow war 2008 bereits dabei und konnte Vergleiche ziehen.
Unser Hotel Grand Hyatt, direkt gegenüber dem Aufführungsort Emirates Palace gelegen, war der erste Superlativ, dem wir erlagen. Unbeschreiblich. Dem folgte natürlich die Stadt Abu Dhabi, nach elf Jahren nicht wiederzuerkennen. Ein Muss dabei ist die drittgröße Moschee der Welt, benannt nach Staatsgründer Scheich Zayed. Dem folgte eines der nach dem siebenten geschaffenen Weltwunder, der Louvre Abu Dhabi. Ein atemberaubendes Wunderwerk, das am persisch-arabischen Golf in den Wüstensand gesetzt wurde. Das Ausstellungskonzept ist spannend und perfekt in einem, so dass sich hier die Kulturen der Welt tatsächlich begegnen können. Es ist ein Zeugnis verantwortungsvoller Kulturpolitik nicht nur für das eigene Land aber eben auch ausreichend vorhandener finanzieller Mittel. Und es wirkt einleuchtender, vor allem selbstverständlicher auf den Besucher als an Orten z.B. in Europa. Die nationalen Interessen eines Landes, seiner Menschen und deren Kultur werden deutlich gewahrt und trotzdem den Kulturen der Welt Respekt gezollt. Man kann hier sehr viel vom Orient lernen.
Am Abend des 1. Februar 2019 erlebten wir die zweite Aufführung der “Walküre” vom Gastspiel der Bayreuther Festspiele mit dem Festspielorchester und Solisten. Schön, wenn man mit all den Künstlern in einem Hotel wohnte und beim Frühstück u.a. mit Musikern des Gewandhausorchesters dazu ins Gespräch kommen konnte. Und es war grandios. Was haben wir alles an Unsinn von und aus deutschen Medien über den Auftakt am 30. Januar gelesen. Tatsächlich war es Auserlesenes, was dem Publikum geboten wurde. Keine abseitige Inszenierung sondern eine konzertante Aufführung mit einem wirklich passenden Film hinterlegt. Die Künstler waren dazu bestens aufgelegt. Es wurde ein Gesamtkunstwerk. Richard Wagner hätte sich gefreut. Am Ende standen alle, auch Katharina Wagner, im Jubel. Interessant: Für die Gestaltung aller Materialien wurde auf Bilder der damals heftig kritisierten Bayreuther Inszenierung von Tankred Dorst zurückgegriffen, nicht auf die letzte von Frank Castorff. Am Ende der Vorstellung menschelte es noch: Dirigent Markus Poschner bekam von allen Mitwirkenden ein Ständchen zu seinem 38. Geburtstag.
Der dritte Tag führte uns dann in die Oasenstadt Al Ain, an der Grenze zum Sultanat Oman. Inzwischen 400 000 Einwohner groß, sahen wir den Kern, die eigentliche Oase gleichen Namens, in der v.a. aus Pakistan stammende Bauern als Pächter Dattelpalmplantagen betreiben. Bauer Yakub zeigte uns, wie man blitzschnell eine Palme besteigt, um zu ernten oder Samen zu beschneiden. Vorher besichtigten wir die Festung, in der sich eine sehr interessante Fotoausstellung befindet und auch regelmäßig große musikalische Open-Air Veranstaltungen stattfinden, sowie den alten Palast des Staatsgründers Sheikh Zayed, heute ein Museum. Abschluss und Höhepunkt wurde aber ein privater Empfang der Gruppe durch Dr. Zaki al Nusseibeh in seinem privaten Haus. Der Staatsminister ist der Spiritus rector der Wagneraufführungen in Abu Dhabi. Er ist einer der kultivierten Enthusiasten, die man in Wagner-Verbänden heute nur noch selten findet.
Am letzten Tag hieß es Abschied nehmen von Abu Dhabi. Aber die Region gab noch einmal alles. Es regnete kräftig, auch auf der Fahrt nach Dubai. Für die Kinder heißt das schulfrei, denn das gibt es nur an vier oder fünf Tagen im Jahr. Regen in der Wüste – und wir waren dabei. Dann Dubai als Stadt der extremen Superlative, unfassbar. Bei der Zahl der Wolkenkratzer hat die Stadt New York längst überholt. Wer zu lange fern bleibt, erkennt sie nicht wieder. Die Palmeninsel – das nächste Weltwunder. Ein verrückter Usbeke mit Mikrofon für ein YouTube-Projekt vor dem Bourj al Arab-Hotel in Form eines Segels – ein großer Spaß. Und dann der höchste Turm der Welt – Bourj Khalifa. Von oben sahen wir schier Unglaubliches. Eine alte Festung als Blick in die Geschichte Dubais sowie die Passage mit dem Wassertaxi zum Gewürz- und zum Goldmarkt im historischen Dubai rundeten das Bild ab. Die Fahrt auf einer Dhau, einem arabischen Segelschiff, mit Abendessen, arabischer Musik und Tanz vor der Kulisse Dubais brachte die letzte große Überraschung. In voller Lautstärke erklang Richard-Wagners “Ritt der Walküren”. Das war das Signal zum Aufbruch, zurück in die Heimat dieses musikalischen Genies.