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14.07.2016
Der Ring in Minden, Interview mit Jutta Winckler, Präsidentin des RWV Minden
Interview mit Jutta Winckler über den Ring in Minden
Christian Ducor:
Zunächst einleitend vielleicht einige Worte über den RW Verband Minden?
Jutta Winckler:
Gern, der RW Minden wurde 1912 von zwei Damen, einer Sängerin und einer Klavierlehrerin, gegründet. Es bestand von Anfang an eine enge Freundschaft mit dem Haus Wagner in Bayreuth, mit Winifred und Siegfried. Wir hatten eine Vorsitzende, die 50 Jahre im Amt war und der es gelungen ist, die Stadt Minden an Wagner heranzuführen. Wir haben immerhin 400 Mitglieder.
Wir machen jetzt zwar Opern, haben aber weiterhin Vorträge und Konzerte wie bisher. Als der Verband 90 Jahre alt wurde, wollten wir etwas besonders auf die Beine stellen. Daraufhin haben wir mit dem „Fliegenden Holländer“ unsere erste eigene Produktion auf die Bühne gebracht. Damit hatten wir so viel Erfolg, dass man in Minden der Meinung war: wir möchten weitere Opern haben. Es folgten „Tannhäuser“, „Lohengrin“ und „Tristan und Isolde“.
Schließlich kam Eva Wagner-Pasquier zum Festakt und sagte: „Jetzt der Ring“!
In Minden gibt es eine Kuriosität: Der Verband ist rund ein Jahrhundert alt, aber wir hatten insgesamt nur vier Vorsitzende bisher. Die erste Vorsitzende stand 50 Jahre an der Spitze. Die Zweite, ihre Tochter, war danach 35 Jahre lang Präsidentin, als nächstes folge eine relativ kurze Amtszeit von 10 Jahren und ich bin nun seit 1998 Präsidentin!
CD:
Nun aber zum „Ring“?
JW:
Der „Ring“ ist ein Mammut Projekt für Minden ! Zum Anfang habe ich es nicht gewagt, daran zu denken, den Ring in Minden aufzuführen. Wir haben jetzt ein wunderbares Bühnenbild von Frank Philipp Schlössmann, der auch einen „Ring“ in Bayreuth mit einem Bühnenbild ausgestattet hat. Zudem haben wir einen wunderbaren Regisseur, Herrn Gerd Heinz, der vom Schauspiel herkommt.
Er hat die Sänger besonders im Rheingold ausgehend von seiner schauspielerischen Erfahrung geführt, sodass der Gehalt des Werkes sehr gut verständlich wurde, es nie langweilig war und auch die Interaktion zwischen den Götter in manchen Bildern grandios und spannend inszeniert war. Das Besondere hier ist ja, dass das Orchester auf der Bühne spielt, wir nur sechs Meter Raum für die Künstler haben, so dass man in der ersten Reihe Wotan sozusagen direkt in die Zähne guckt. Aber das ist gleichzeitig sehr positiv, weil man wunderbaren Kontakt mit den Sängern hat. Und auch der Ring eignet sich ganz prima, fast noch besser als die Chor-Opern, weil alles auf der Bühne stattfindet und wir nicht überlegen müssen, wie wir da den Chor noch unterbringen, wie im "Fliegenden Holländer" zum Beispiel. Die Geschichte des "Ring" ist eine immer wieder spannende Geschichte, immer aktuell, immer modern: Liebe, Hass, Streit, Geld, Wut und Macht - es ist alles dabei und wird auch auf der Bühne in Minden ausgedrückt. Wir haben sehr gute Sänger, die sich einverstanden erklärt haben auf dieser kleinen Bühne zu spielen und sie empfinden dies als eine Herausforderung, aber gleichzeitig auch als sehr interessant. Es ist praktisch eine neue Erfahrung auch für die Sänger so nah am Publikum zu singen. Für sie ist es ja besser dass das Orchester in Hintergrund ist, sodass sie zu dem Publikum direkten Kontakt haben. Und dieser Kontakt macht es u.a. auch aus, dass das Publikum so begeistert ist. Wir blicken zurück auf ein wunderbares „Rheingold“ mit sehr guten Kritiken und blicken jetzt bereits der Walküre entgegen, der schönsten Oper überhaupt !
CD:
Welche neue Projekte haben Sie in Minden ?
JW :
Also wir möchten gern den Ring zu Ende führen. Das ist letztlich auch eine große finanzielle Herausforderung. Jetzt werde ich schon befragt, welchen Siegfried ich nächstes Jahr bestellen muss, obwohl ich noch immer die Walküre zu finanzieren habe. Aber wir sind mutig und guter Dinge, und wir wollen 2019 den gesamten Ring aufführen in zwei Seancen, also, zwei Mal die ganze Tetralogie zyklisch aufführen. Wenn wir das überleben, und uns davon erholt haben, dann planen wir als krönenden Abschluss "Parsifal". Aber das hängt auch davon ab, ob Frank Beermann dann auch mitmacht und natürlich davon, ob wir es finanziell stemmen! Ich will ja auch nicht utopisch werden. Eins nach dem anderen! Mir ist es ansonsten auch wichtig, die Opern mit Einführungsvorträgen zu begleiten, und ganz wichtig ist der Text: Neu ist etwa, dass bei uns Herr Schatz, ein Schauspieler, den ganzen Text vorträgt. Drei Stunden lang liest er die Walküre. Zusätzlich kommt Herr Krosch, der am Klavier einige Transkriptionen spielt. Diese Kombination erscheint mir interessant und in dieser Art werden wir auch bei den weiteren anstehenden Opern verfahren.
CD :
Danke vielmals…
JW :
…und wir kommen auch wieder nach Paris ! (lacht)